Planetary Health

PLANETARY HEALTH DESCRIBES THE STATE OF HEALTH OF HUMAN CIVILISATION AND THE ENVIRONMENT ON WHICH IT DEPENDS.

Rockefeller Fondation and The Lancet

Klimawandel: Eine Gefahr für die Gesundheit

Klimawandel: Eine Gefahr für die Gesundheit

Über die letzten 10’000 Jahre, schwankte die Durchschnittstemperatur der Erdatmosphäre um mehr als 2°C. Dieses stabile Klima war Voraussetzung  für die Entwicklung der menschlichen Zivilisation.

Seit 1850 ist die globale Durchschnittstemperatur um 1.1°C angestiegen, mit einem exponentiellen Trend aufwärts. Mit dem Pariser Klimaabkommen 2015, haben sich viele Länder dazu verpflichtet die globale Erwärmung unter 2°C oder sogar unter 1.5°C zu halten.

Der Trend bewegt sich allerdings in eine andere Richtung: gemäss dem letzten IPCC Report, ist eine Temperaturerhöhung von mehr als 3°C bis im Jahr 2100 zu erwarten. Die pessimistischen Szenarien, sagen eine Temperaturerhöhung von 6 bis 7°C voraus, falls CO2 Emissionen weiterhin steigen wie bisher, was nahezu unmögliche Lebensbedingungen für Menschen garantieren würde.

Figure 10 IPCC Report, 2023

Analog mit der Klimaerwärmung, drohen gewisse Kippunkte erreicht zu werden, wie das Auftauen von Permafrost, das Schmelzen des grönländischen Eisschilds oder Waldbrände in Tropenwäldern. Wenn diese Kippunkte erreicht werden, können Rückkopplungsschleifen in Bewegung gesetzt werden, welche unvorhersehbare, häufig unumkehrbare und potentiell dramatische Folgen für Temperatur und steigende Meeresspiegel haben.

Nur wenn globale CO2 Emissionen bis 2030 halbiert und bis 2050 bei Null sind, haben wir noch eine 50% Chance das 1.5°C Ziel zu erreichen.

Aktuell sind Emissionen weiterhin am steigen. Eine Klimakatastrophe kann nur durch entschiedenes Handeln verlangsamt werden. Unser Handlungsfenster wird kleiner und kleiner, wobei jeder Bruchteil von einem Grad zählt!

Aber Klimawandel und CO2 Emissionen sind nicht unser einziges Problem. Um Leben und Lebensqualität zu bewahren, müssen wir die 9, von der wissenschaftlichen Gemeinschaft aufgestellten, planetaren Grenzen beachten, wovon 6 schon überschritten wurden.

Designed by Azote for Stockholm Resilience Centre — Azote for Stockholm Resilience Centre, based on analysis in Wang-Erlandsson et al 2022

Gefahren für die Gesundheit aufgrund von Klimawandel

Die Menschheit lebt nicht in Isolation auf der Erde, sondern ist Abhängig von, und verbunden mit den vielen Ökosystemen in unserer Umwelt.

Klimawandel verursacht einen Anstieg der Meeresspiegel, was zu Überschwemmungen in Küstengebieten und extremen Wetterereignissen wie Stürmen, Starkregen, Hitzewellen, Dürren und Bränden führt. Die Konsequenzen davon sind die Zerstörung von Infrastruktur, Nahrung und Wasserknappheit, politische und soziale Instabilität, Ressourcenkonflikte, Kriege, Migration und Vertreibung. All diese Faktoren haben einen massiven Einfluss auf menschliche Gesundheit und Lebensqualität. Gemäss der IPCC sind zwischen 3.3 und 3.6 Milliarden Personen stark vom Klimawandel bedroht. Die 2015 Lancet comission besagt, dass der Klimawandel die Fortschritte in Public Health der letzten Jahrzehnte bedroht.

Der Klimawandel hat jetzt schon einen Einfluss auf die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung, speziell durch eine erhöhte Sterbensrate aufgrund von Hitze und Luftverschmutzung. Diese Studie schätzt zum Beispiel, dass 2023 in der Schweiz 380 Personen aufgrund der Klimaerwärmung verstorben sind.

Hitzetage werden weltweit häufiger, auch in der Schweiz. Von 5 Hitzetagen im Jahr zwischen 2000 und 2010, stieg deren Anzahl auf 15 in 2018, gemäss dieser Studie. Der Einfluss von Hitze auf die Gesundheit ist gut erforscht. Hyperthermie steigert das Risiko von kardiovaskulären Erkrankungen, Nierenschäden, Hitzeschlägen und beeinflusst die mentale Gesundheit durch einen Anstieg von aggressivem Verhalten und einer Reduktion der Schlafqualität. Die vulnerabelsten Personen sind Kinder, ältere Menschen, Personen welche im Aussenbereich arbeiten und Personen welche in schlecht isolierten Gebäuden leben. Die Hitzewelle von 2003 forderte fast 1’000 Tote in der Schweiz. Gemäss dem Lancet Countdown, werden in der EU bis 2030 weitere 30’000 Personen an Hitze sterben.

Lancet Countdown. 5.5 Corporate Sector Engagement in Health and Climate Change. Available on : https://www.lancetcountdown.org/data-platform/public-and-political-engagement/5-5-awaiting-data-corporate-sector-engagement-in-health-and-climate-change/

Der Klimawandel führt zu Schäden in der Agrikultur und so der Nahrungssicherheit. Dank verbesserten Lebensbedingungen, Fortschritten in der Landwirtschaft und besserem Zugang zu medizinischer Erstversorgung, ist Unterernährung seit einigen Jahrzehnten am abnehmen, allerdings seit 2014 nicht mehr! Die WHO schätzt, 77’000 bis 131’000 zusätzliche Todesfälle von Kindern bis 5 Jährig bis 2030, wenn keine Strategie zur Risikominderung gefunden wird.

Luftverschmutzung und Klimawandel haben eine gemeinsame Ursache: Das verbrennen von fossilen Brennstoffen. Luftverschmutzung verkürzt die Lebenserwartung in Europa durchschnittlich um 2 Jahre. Es ist der grösste Umweltbedingte Faktor für die Gesundheit, sogar vor Nikotin! – und hat einen grossen Einfluss auf Herzkreislaufkrankheiten, Lungenerkrankungen und Asthma.

Die Erderwärmung führt zu einer Erhöhung der Anzahl und auch Intensivierung von Allergien und zu längeren Phasen der Exposition zu Pollen.

Von Moskitos übertragene Krankheiten wie Malaria, Dengue Fieber oder Chikungunya sind prävalenter aufgrund des Klimawandels. Gebiete wo Moskitos sich ausbreiten können, werden grösser aufgrund der steigenden Temperaturen. Auch Zecken profitieren von der steigenden Temperatur und übertragen Viren oder Bakterien, zum Beispiel verantwortlich für Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis.

Auch die mentale Gesundheit wird vom Klimawandel beeinflusst. Extreme Wetterereignisse und dadurch erzwungene Migration führen zu posttraumatischen Belastungsstörungen und Depression. Mit der Zerstörung oder Veränderung des eigenen Umfeld konfrontiert zu sein ist die Ursache für Solastalgie, ein Phänomen das 75% aller 16 bis 25 jährigen weltweit betrifft.

Die Klimakrise trifft vulnerablere Personengruppen (ältere Menschen, Personen mit Beeinträchtigung,  Kinder, Schwangere) am meisten. Vor allem hat es am meisten Konsequenzen, für die Länder, welche am wenigsten dafür verantwortlich sind. Klimagerechtigkeit muss deshalb eine absolute Priorität sein.

Die gesundheitlichen und ökonomischen Konsequenzen des Klimawandels werden um ein vielfaches grösser sein, als die Kosten welche wir auf uns nehmen müssen, um das Klima zu schützen!

Eine Chance für unsere Gesundheit!

Im Angesicht des Klimawandels und anderer Umweltschädigung können wir eine Vielzahl an Strategien umsetzen, welche helfen Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Viele dieser Massnahmen haben auch direkte positive Effekte auf die Gesundheit. Hier einige Beispiele dazu. Ziele zu Umweltschutz und Gesundheit zu vereinen, kann Synergien hervorbringen und das Potential jeder einzelnen Person voll ausnutzen.

Aktive Mobilität

Motorisierte Mobilität ist eine grosse Quelle von Treibhausgasemissionen weltweit. Transport ist verantwortlich für 14% der direkten Emissionen in der Schweiz, wobei fast drei Viertel davon vom Individualverkehr (Privatfahrzeugen) stammen. Zugleich steigert der motorisierte Verkehr die Luftverschmutzung und Lärmpegel, verhindert gesunde Städteplanung und fördert einen bewegungsarmen Lebensstil.

Aktive Verkehrsmittel sind solche, die die menschliche Energie als Hauptantriebsquelle nutzen, wie zum Beispiel Gehen und Radfahren. Sie erhöhen die körperliche Aktivität im Alltag und verringern gleichzeitig die verkehrsbedingte Umweltbelastung. Aktive Mobilität wird mit einer Verringerung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und der Gesamtsterblichkeit in Verbindung gebracht und wirkt sich auch positiv auf die Psyche und das Wohlbefinden aus. Um das Radfahren und Zufußgehen zu fördern, muss der öffentliche Raum jedoch sicher und attraktiv gestaltet werden. Die Angehörigen der Gesundheitsberufe müssen diese Politik und Denkweise auf individueller Basis fördern und können bei strukturellen Eingriffen der Behörden helfen.

Gesunde und nachhaltige Ernährung

Landwirtschaft und Viehzucht sind für 20-30% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Sie tragen auch zur Abholzung von Wäldern, zur Zerstückelung natürlicher Lebensräume und zum Verlust der biologischen Vielfalt bei. Der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden trägt zum Rückgang der Artenvielfalt und zur Verschmutzung von Boden und Wasser bei. Der globale Trend zeigt eine Zunahme des Verbrauchs von tierischen Produkten, die mehr Ressourcen verbrauchen und mehr CO2 ausstoßen. Gleichzeitig ist weltweit eine Doppelbelastung zu beobachten: zum einen eine Zunahme der Unterernährung, insbesondere in bestimmten Entwicklungsländern, und zum anderen eine Zunahme der Zahl der übergewichtigen und fettleibigen Menschen, die auf eine zu kalorienreiche Ernährung mit Zucker, Fleisch und Fetten tierischen Ursprungs zurückzuführen ist. Angesichts des Bevölkerungswachstums ist es dringend erforderlich, einen Übergang zu einer Ernährung zu vollziehen, die der gesundheitsfördernd ist, den Planeten weniger belastet und die gesamte Menschheit ernähren kann. Die EAT-Lancet-Kommission hat diese Fragen untersucht und schlägt eine Ernährung vor, die hauptsächlich aus Obst und Gemüse, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten, Nüssen und ungesättigten Ölen besteht. Fisch und Geflügel werden in geringen Mengen berücksichtigt, und rotes Fleisch, Zucker, Milchprodukte und gesättigte Fette sollten die Ausnahme sein. Die Nährstoffzufuhr dieser Diät deckt den Bedarf an Nährstoffen und Mikronährstoffen und berücksichtigt gleichzeitig die Auswirkungen der Lebensmittelauswahl auf die Umwelt, was bei nationalen Empfehlungen wie denen der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung oft nicht der Fall ist.

Nebst der Wahl der richtigen Nahrungsmittel, müssen lokale, saisonale und minimal verarbeitete Produkte Vorrange haben. Personen in Gesundheitsberufen sind in der Verantwortung, ihren Patient*innen  die richtige Wahl zu treffen und sie über vor und Nachteile zu informieren. Nebst der individuellen Diät ist es auch wichtig eine bewusste Ernährung in der Gastronomie zu bewerben und Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.

Kontakt mit der Natur

Weltweit erleben wir einen massiven Verlust an Biodiversität: Schätzungen zufolge sind 25% der Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Dies betrifft alle Arten in allen Lebensräumen. Diese massive Erosion der biologischen Vielfalt beeinträchtigt die Fähigkeit der Natur, die Leistungen zu erbringen, auf die viele Arten, einschließlich des Menschen, angewiesen sind, um unter guten Bedingungen zu leben. Hinzu kommt, dass die Menschheit ihren Sinn für den Rest der lebenden Welt verliert, wobei sich die Bevölkerung – insbesondere in den Städten – zunehmend von ihren natürlichen Lebensräumen und ihren Arten entfernt. Um dem entgegenzuwirken, ist Zeit in der Natur, das Erleben von Natur, Flora, Fauna, Wasser und biologischer Vielfalt gesundheitsfördernd: Das kardiovaskuläre Risiko, Stresshormone und die Gesamtsterblichkeit werden gesenkt. Der Kontakt von Kindern mit der Natur wirkt sich auch positiv auf ihre Entwicklung und ihr Immunsystem aus. Gemeinschaftsgärten und andere Formen der urbanen Landwirtschaft können zu diesem Trend beitragen, indem sie das Bewusstsein für die Böden, die Abhängigkeit des Wetters und die natürlichen Rhythmen der Pflanzen schärfen. In diesem Sinne sollte das Konzept der „grünen Verschreibung“, d. h. die Verschreibung einer Aktivität, die mit einem Aufenthalt im Freien verbunden ist und sich positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden auswirkt, in den Gesundheitsstrukturen verbreitet werden.

Um diese Vorteile für Gesundheit und Umwelt zu fördern, wurde die Kampagne „12 Monate – 12 Aktionen“ von der Universität Genf und der Genfer Gesellschaft für Pädiatrie ins Leben gerufen, an der mehrere Mitglieder von Health for Future beteiligt waren. Ziel ist es, Hausärzt*innen zu ermutigen, jeden Monat mit ihren Patienten über diese Themen zu sprechen, um sie zu sensibilisieren, zu motivieren und sie in den globalen Wandel einzubeziehen, der notwendig ist, um die Zerstörung unseres Planeten und damit unserer Gesundheit aufzuhalten.

Text inspired of Santé et environnement -, Vers une nouvelle approche globale, Partie 3, écrit par Nicolas Senn, Marie Gaille, María del Río Carral, Julia Gonzalez Holguera, 2022, available on : https://www.revmed.ch/content/download/868017/6912948/1?fileName=Sante%20et%20environnement_RMSeditions-9782880495022.pdf